ein rad schlagen - offenheit




  Was sehen Pfauenaugen?



Vor langer Zeit, d. h. vor dem 11.
September 2001, dachte ich, alles
was ich in diesem Leben zu tun
habe, ist mich selbst zu analysieren,
mir meine dunklen Seiten bewusst
zu machen, meine Ängste zu
transformieren, alles mit mir alleine
abzumachen, jeden Menschen da zu
lassen, wo er ist.

Natürlich wusste ich schon damals,
dass es Krieg, Elend, Ungerechtig-
keit, Umweltzerstörung... gibt.
Es betraf mich nur nicht wirklich.
Die ständigen Horrorbilder in den
Nachrichten, die Aufrufe zu Spenden
für die Hungernden, die Schreckens-
meldungen aus so vielen Teilen
dieses Planeten, mein kleines
persönliches Erschrecken, wenn ich
auf der Straße, hier in München Neo-
Nazis sah, alles das reichte nicht aus,
um mich anzutreiben, etwas nach
außen hin zu tun.
Ich dachte, etwas beitragen, für
Frieden und Menschlichkeit, kann ich
nur für mich selbst, ganz privat.
Darunter verstehe ich, meine Schatten
zu suchen und untersuchen, mich
selbst beobachten, meditieren,
philosophieren, die Umwelt möglichst

wenig zu verschmutzen, ab und zu
Geld zu spenden, tolerant mir selbst
und anderen gegenüber zu sein, mich
selbst und andere zu respektieren.
Einen Beruf ausüben, bei dem ich viel
über das Leben und die Menschen
und die Menschlichkeit lerne.
Versuchen meiner Tochter den Mut
mitzugeben, mit einem weichen Herz
durchs Leben zu gehen.

Und immer wieder einen Moment
hochfliegen, mein Leben aus der
Ferne betrachten, die Komik in dem
Ganzen sehen, jeden Tag über mich
selber lachen, dieses Wesen da unten
dabei beobachten, wie es seinen
Idealen hinterher rennt und sie
niemals ganz erreicht.
Doch was wäre ein Film ohne
Drehbuch?
Wenn ich meditiere, kann ich immer
wieder neu entscheiden, welche Rolle
ich spielen will.
Eine kurze Sendepause. Das Nichts,
das alles ist, bemerken.
Nach innen gehen, in die
Unendlichkeit.

Ganz tief innen, oder ganz weit außen,
was ist der Unterschied?, finde ich so
etwas, wie Frieden, grenzenlose
Freude, absolute Freiheit. Ich glaube,
das ist mein Gefühl für Liebe.
Und aus diesem Gefühl heraus, ist es
unmöglich, irgend jemand zu hassen
oder jemanden auszubeuten oder
irgendwie zu schädigen. Das würde
mich meiner eigenen Lebensfreude
berauben.
Und in meinem Leben, habe ich
immer mehr Menschen kennen
gelernt, die so einen ähnlichen Weg
wie ich gehen.

Da dachte ich, die Welt wird immer
schöner, ein neues Zeitalter bricht an.
Wir sind doch eigentlich auch
gezwungen, global zu denken. Wir
wissen doch jetzt alle, dass wir
voneinander abhängig sind.
Katastrophen, wie z. B. Tschernobyl,
das Abholzen der Regenwälder, die
vielen Kriege überall, immer ist der
ganze Planet mit allen seinen
Bewohnern davon betroffen.

Doch dann kam der 11. September.

Ich wurde aus meinen Träumen
gerissen. Die Welt macht doch nicht
den Eindruck, als würde sich
irgendetwas zum besseren wenden.
Ich will mich damit nicht abfinden.
Irgend etwas will ich tun, etwas, was
niemandem schaden kann, was mir
Freude macht, denn wie sollte ich
anders die Freude auf der Welt
vermehren können, wenn nicht durch
mich selbst.

Deshalb baue ich jetzt kleine
Meditationsplätze, die ich
Pfauenaugen nenne.

In der Mythologie heißt es, der Pfau
ernährt sich von Gift und verwandelt
es in die wunderbaren Farben seiner
Federn. Auch ist der Pfau ein Symbol
für Offenheit. „..es ist eine Offenheit,
die so weit geht, dass sie mit
jedweder negativen Situation fertig
wird, ...“ so Chögyam Trungpas
Kommentar in „Das Totenbuch der
Tibeter.
Vielleicht sehen Pfauenaugen mehr
als Augen.

                      Ingrid Huch- Hallwachs


"Nimm deine Verrücktheit und
mach was Schönes draus."

(Pir Vilayat Inayat Khan)









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